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Bücher und Zitate

 

Buchtipp

Reiche Multis, arme Bürger

Philipp Löpfe, Werner Vontobel: „Die unsoziale Kehrseite der masslosen Unternehmensgewinne“ (Untertitel), 207 Seiten, 2012, Orell Füssli Verlag, CHF 26.90 (in Deutschland EUR 19.95).

„Die Unternehmen schreiben immer höhere Gewinne und verteilen ihre Beute immer einseitiger. Der Mittelstand verarmt. Grund dafür ist die Globalisierung. Aus national verankerten mittelständischen Unternehmen sind globale Multis geworden. Diese spielen die nationalen Regierungen und Arbeitnehmervertreter brutal gegeneinander aus.“ Mit Beispielen zeigen die Autoren, wie es zur heutigen Situation gekommen ist. Und sie meinen: Lokale Bedürfnisse sollten lokal befriedigt werden. Doch an welchen Schrauben ist zu drehen? Das Buch gibt konkrete Hinweise.

05.01.2013

 

Buchbesprechung

20 Jahre Friedensbrugg

Herausgeber dieser Schrift zum 20-jährigen Bestehen des Vereins „Friedensbrugg“ sind Marc Joset, Louis Kuhn, Agathe Schuler und Monika Wiedemann. „Sich einmischen – Friedensprojekte im ehemaligen Jugoslawien“ (so der vollständige Titel) berichtet über jahrelanges Engagement vieler Personen, die Aufbauhilfe geleistet haben an verschiedenen Orten auf dem Balkan. 35 Männer und Frauen haben dafür Beiträge geliefert. Das Buch umfasst 132 Seiten und ist reich illustriert, mit einem Vorwort von Ueli Mäder. www.friedensbrugg.ch   

Auslöser für die Gründung des Vereins 1992 und die Aktivitäten seiner Mitglieder waren die kriegerischen Ereignisse auf dem Balkan ab 1991, mit all den Schrecken für die dortige Bevölkerung. Die Initianten um Louis Kuhn wollten nicht untätig sein: „Aussenpolitik nicht nur als eine Sache der offiziellen Instanzen hinnehmen und die Verantwortung zum Handeln auf die Hilfswerke abschieben. Selber tätig werden. Die Menschen hier zur Mitarbeit motivieren.“

Seit 20 Jahren lanciert die „Friedensbrugg“ Projekte im ehemaligen Jugoslawien, zum Beispiel in Schulen, im Bereich des biologischen Landbaus, in Gewaltfreier Kommunikation. Es wird versucht, zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu vermitteln, Spannungen abzubauen oder Gewaltausbrüche zu verhindern. Keine leichte Aufgabe für die Friedensaktivisten. Die Arbeiten dauern an.

Von ihrem Engagement in den vergangenen zwei Jahrzehnten berichten Beteiligte, „von schmerzlichen und freudvollen Erlebnissen, den guten und bitteren Erfahrungen“. Es ist ein Rückblick und eine Bilanz. Aber nicht nur, denn die Beiträge von Ueli Mäder „Konflikte verbinden“, Verena Jegher-Bucher „Gewaltfreie Kommunikation“, Louis Kuhn „… not war“, Jürg Meyer „Friedensbrücken auch bei uns“ dürfen immer wieder gelesen werden.

09.12.2012 / Eckhard Rothe

 

Buchbesprechung

Schöner leben, mehr haben

Thomas Buomberger, Peter Pfrunder (Hrsg.), Limmat Verlag, Zürich 2012, 54 Franken (www.limmatverlag.ch). Die 50er-Jahre in der Schweiz im Geiste des Konsums, 155 Seiten, Text auf blauem Papier, 114 Seiten Bilder auf weissem Papier, unprätentiös im Format A4 und darin kompakt und präzis die Schweiz, in der die Nachkriegsgeneration aufgewachsen ist.

Die zehn Autorinnen und Autoren lassen die 50er-Jahre vom Kriegsende 1945 bis zur Expo 1964 dauern, eine Dehnung, die plausibel erscheint. Während dieser 19 Jahre, die ganz unter dem Verdikt des Kalten Krieges stehen, ringen in der Schweiz zwei Kräfte miteinander, die fast paradox umgekehrt auf die beiden Weltmächte bezogen erscheinen. Auf der einen Seite findet sich ein autoritärer Konservatismus mit fast sowjetisch anmutendem Staatsverständnis, auf der anderen Seite lockt der «American Way of Life», das Versprechen eines Konsumschlaraffenlandes mit Auto (Thomas Buomberger), Kühlschrank und anderen Haushaltswundern (Beatrice Schumacher), Unterhaltung zwischen Boulevard und Hörspiel (Edzard Schade und Adrian Scherrer) und dazu Schlager, Jazz und Halbstarke (Samuel Mumenthaler).

Ein in kleinbürgerlicher Enge gefangenes «Schlaraffia » (Georg Kohler) ist es, und erst die 68er werden es in den Hedonismus der kleinbürgerlichen Selbstverwirklichung überführen – oder zu überführen versuchen (Peter Pfrunder). An Georg Kohlers Einführung anknüpfend finden sich im Buch drei weitere nicht primär auf den Konsum bezogene Beiträge. Sie handeln von «dezentem Sexappeal» und «eklatanter Diskriminierung» (Elisabeth Joris), vom Sturmgewehr 57 als Fundament der Armee (Benedikt Loderer) und von der italienischen Einwanderung als «durchleuchteter unsichtbarer Arbeitskraft» (Gianni D'Amato). Roger Monnerat

aus "vpod region basel" 4/2012

 

Buchbesprechung

Im Krebsgang voran

Umberto Eco: "Heisse Kriege und medialer Populismus" (Untertitel), 319 Seiten, 2006/2011, dtv, CHF 19.90 (in Deutschland EUR 12.90).

Alles schon mal dagewesen? Man könnte es meinen. Umberto Eco schildert einleitend unter "Fortschritte des Krebses", wie wir uns rückwärts bewegend weiterentwickeln (können). Das muss kein Gegensatz sein. Denn alles Leben, so wird gesagt, verdankt seine Entstehung und weitere Entwicklung einer Art Spannung, einem inneren Widerspruch. Und nichts wird besser, nur anders ... 

"Wenn jemand für eine politische Entscheidung kämpft (und in diesem Fall auch für eine staatsbürgerliche und moralische), unbeschadet des Rechts und der Pflicht zur Bereitschaft, sich eines Tages anders zu besinnen, dann muss er, solange er kämpft, überzeugt sein, dass er im Recht ist, und den Fehler derer, die sich anders entscheiden, energisch anprangern. Ich kann mir keinen Wahlkampf vorstellen, der unter dem Slogan liefe: 'Ihr habt recht, aber stimmt für den, der unrecht hat.' Und in Wahlkämpfen muss die Kritik des Gegners streng und erbarmungslos sein, um wenigstens die Unentschiedenen zu überzeugen."

Umberto Eco analysiert das beginnende neue Jahrtausend anhand von Zeitungsartikeln und anderen Beiträgen aus den Jahren 2000 bis 2005. Er schreibt über Krieg und Frieden, Heilige Kriege, Kreuzzüge und Rassismus. Die Zeiten sind finster. Eco plädiert für vernünftige Einsichten wie Lösungen. Am Schluss des Buches hält er träumend inne, denkt zurück und hofft (wie wir), mit heiler Haut davonzukommen.

23.01.2012 / Eckhard Rothe

 

Buchbesprechung

Grenzen des Kapitalismus

Denknetz-Jahrbuch 2011: Gesellschaftliche Produktivität jenseits der Warenform, etwa 200 Seiten, 2011, Zürich (Edition 8), CHF 25.00.

Das neue Denknetz-Jahrbuch trägt den Titel "Gesellschaftliche Produktivität jenseits der Warenform". Es leuchtet jene gesellschaftlichen Bereiche aus, in denen die kapitalistischen Prinzipien der Konkurrenz und des Eigentums kontraproduktiv sind, und das nicht nur in sozialer und ökologischer, sondern gerade auch in ökonomischer Hinsicht. Dies gilt generell für viele wissenschaftliche Prozesse und insbesondere für die Entwicklung und Produktion digitaler Güter und Leistungen. Doch nicht nur hier stösst die kapitalistische Rationalität der Warenform ganz offensichtlich an ihre Grenzen. Der Band enthält Beiträge von: Vania Alleva, Bettina Dyttrich, Ueli Mäder, Mascha Madörin, Vasco Pedrina, Beat Ringger, Holger Schatz, Cédric Wermuth und vielen anderen. (pd) 

aus VPOD-Magazin, November 2011

 

Zitate aus Wirtschaft und Politik (3)

An einer Pressekonferenz des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) referierte Michael Bernegger über sein Gutachten zum starken Franken. Die Situation sei hausgemacht, so Bernegger, und nicht die Folge eines schwachen Dollars oder Euros. Neben einer Untergrenze für den Wechselkurs schlägt er Negativzinsen auf ausländische Guthaben vor, wie von den Gewerkschaften und der SP gefordert. "Den Gewerkschaften muss man zugute halten, dass sie den Ernst der Lage frühzeitig erkannt haben." (Alan Cassidy in der Basler Zeitung vom 6. September 2011)

In der Basler Zeitung vom 1. September 2011 macht Thomas Maissen (Basler und Professor in Heidelberg) folgende Aussagen: "Direkte Demokratie ist gewiss nicht bedeutungslos, sie stärkt Identitätsgefühle und Bürgersinn. Aber in der Schweiz wird sie überschätzt." Diese Überschätzung, schreibt Maissen, "fügt sich in die Überschätzung des Nationalen ganz allgemein ... und ihr Ergebnis ist nicht Selbstsicherheit, sondern Selbstzufriedenheit. Es ist die Selbstzufriedenheit dessen, der ein grosses Vermögen geerbt, eine nette Familie gegründet hat und sich fragt, weshalb die Arbeitslosen und Einsamen das Leben so schwer nehmen; sie sollten es doch einfach so machen wie er ... Die Parteien liefern sich inzwischen einen einfältigen Wettkampf um den Schwingerkranz für den besten Patrioten. Das ist unschweizerisch insofern, als bei solcher Selbstdarstellung die gute alte republikanische Bescheidenheit verloren geht."

 

Buchbesprechung

Das Mädchen seiner Träume

Commissario Brunettis 17. Fall, von Donna Leon, 352 Seiten, 2009, Diogenes Verlag, CHF 38.90 (Taschenbuchausgabe wesentlich günstiger).

Seit Jahren schon finden die Romane von Donna Leon gute Kritiken und eine breite Leserschaft. Wohl deshalb, weil es in ihren Büchern nicht nur um die Aufklärung von Verbrechen geht, sondern in den Krimi-Geschichten auch politische und gesellschaftliche Zusammenhänge eingebunden und sichtbar gemacht werden.

Donna Leons Commissario lebt und arbeitet in Venedig, der schönsten Stadt von Italien. Er ist verheiratet und hat zwei halbwüchsige Kinder. Brunetti ist dunklen Machenschaften auf der Spur, doch die eigentlichen Täter bleiben in den meisten Fällen im Hintergrund. Sie können nur schwer überführt und verurteilt werden, weil die Beweise fehlen oder sie sich freikaufen können. 

"Gerade noch hing Brunetti Gedanken über Gott und die Welt und die Beerdigung seiner Mutter nach, da reisst ihn der Tod einer Elfjährigen aus allen Betrachtungen und unwichtigen Fällen ... Brunetti muss nicht nur in Erfahrung bringen, warum das Roma-Mädchen zu Tode kam, sondern auch, wer sie überhaupt ist ... und gelangt von den Auffanglagern der Ärmsten bis ins Wohnzimmer von Wohlsituierten mit ihren guten Verbindungen zu Recht und Ordnung." (F. Wolffheim im Klappentext)

Der 17. Fall verfolgt den Commissario bis in seine Träume. Was ist gerecht? Und gibt es überhaupt so etwas wie Gerechtigkeit? Es ist dies kein Roman, in dem sich die Personen im letzten Kapitel zur Auflösung in der Bibliothek einfinden. Ein nachdenklich stimmendes Buch, eine empfehlenswerte Lektüre!

07.10.2010 / Eckhard Rothe

 

Zitate aus Wirtschaft und Politik (2)

Der verstorbene Nicolas G. Hayek zum Thema Unternehmensführung, zitiert von Markus Preis in einem Leserbrief in der Basler Zeitung vom 1. Juli 2010: "Wenn es in einem Betrieb nicht gut läuft, wenn Umsatz und Rendite nicht stimmen, sind in der Regel nicht die unten, sondern die oben schuld. Der gute Unternehmer zeichnet sich dadurch aus, dass er tüchtige Leute beschäftigt. Der Geist, der von der Chefetage ausgeht, bestimmt den Alltag in der Arbeitswelt. Ein Team, das sich für die Firma zerreisst, ist kein Zufallsprodukt, sondern hat viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen in die Firma und deren Führung. Mitarbeiter brauchen eine bestimmte Sicherheit und genügend Anerkennung. Wenn das die Vorgesetzten schaffen, zahlt es die Belegschaft mit einer Leistung zurück, die praktisch unbezahlbar ist."

Spannende Geschichten entstehen nicht nur in den Köpfen von Autoren. Sie spielen auch im richtigen Leben. "Und oft ist die Realität verrückter als ein Krimi", meint Helmut Hubacher in seiner Wortmeldung in der Basler Zeitung vom 30. April 2010.

 

Buchbesprechung

Den Kapitalismus reformieren

Roger de Weck, bekannter und liberaler Zeitgeist, hat ein neues Buch geschrieben: "Nach der Krise. Gibt es einen anderen Kapitalismus?" Das Buch ist im Verlag Nagel & Kimche erschienen, 111 Seiten, Zürich 2009, CHF 17.90 (in Deutschland EUR 10.00).

Aus dem Klappentext: "Der Markt ist nützlich und gefährlich. Der Staat ist derzeit hilfreich und hilflos. Provokativ zockt auch mitten in der Krise die 'Generation Kasino' - wie geht es weiter? Roger de Weck zieht die grossen Linien. Im Blick hat er das Miteinander von Macht und Markt, Interessen und Ideologie. Die heutige Marktwirtschaft grenzt Menschen aus, benachteiligt Frauen, verschwendet natürliche Ressourcen: Sie braucht andere Regeln ... Unser Verständnis von Geld und Eigentum ist keineswegs so selbstverständlich, wie es scheint - und wird sich wandeln. Ein zukunftsfähiger Kapitalismus wertet die produktive Arbeit auf, statt das Kapital immer stärker zu privilegieren ... Eine differenzierte Analyse, ein unerschrockenes Buch - über unser aller Zukunft."

In der Basler Zeitung vom 18. Januar 2010 war im Interview mit Roger de Weck über die nötigen "Systemreformen" zu lesen, davor auch schon in einer Wochenendbeilage dieser Zeitung. Roger de Weck zitiert Fachleute und Nobelpreisträger. So die Aussage von Amartya Sen, Zweck des Wirtschaftens sei vor allem die Qualität: "allen Menschen ein langes und menschenwürdiges Leben zu sichern". Der Kasino-Kapitalismus der letzten Jahre sei eine krasse Fehlentwicklung und gefährde die gesunden Zweige des Marktes. Diese Kräfte, kleine und mittlere Unternehmen, könnten sich keine Machtspiele und Lohnexzesse leisten. Die Aktionäre der Grosskonzerne seien Pseudoeigentümer, das Management handle eigenmächtig. Der Kapitalismus zerstöre seine Grundlage, das Eigentum. Im Grundgesetz der BRD heisst es: "Eigentum verpflichtet." Doch wo auf der Welt werde so eine Verpflichtung wahrgenommen?

Denken wir zurück: Vor Jahrzehnten schon wetterte Jean Ziegler gegen den Kasino-Kapitalismus, gab es eine Mitbestimmungsinitiative und 1984 eine Volksinitiative der SP zu Abschaffung des Bankgeheimnisses. Auch mit der Eigentums- und Bodenpolitik kam die SP nicht weiter, die fällige Reform der Raumplanung wird verschleppt. Es braucht ein Umdenken aller für den von Roger de Weck skizzierten Weg. Wird die Wirtschafts- und Finanzkrise dies auslösen können? Oder geht es uns immer noch zu gut?

02.02.2010 / Eckhard Rothe

 

Zitate aus Wirtschaft und Politik (1)

Dieter Hildebrandt, Kabarettist, hat einmal gesagt: "Demokratie ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt."